Besuch von Prinz Charles

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Eine der nettesten Anekdoten, die zugleich ein international beachtetes Aushängeschild des Biomarktes betrifft, dreht sich um eine königliche Hoheit: Prinz Charles.

Man schrieb das Jahr 1997, als der hohe Besuch aus England sich ankündigte – auf einer Reise durch Hessen, bei der der Prinz das Prinzip der regionalen Vermarktung studieren wollte, schaute er für eine gute dreiviertel Stunde in Hans-Georg Gregers „Schmanddibben“ herein. Charles, der sich stark für den ökologischen Landbau engagiert und seine eigenen Güter darauf umstellen will, gilt als Verfechter der alternativen Landwirtschaft.

Kurz und gut – der Royal sorgte mit seiner Stippvisite, umringt von Kunden, Lieferanten und Presse, für große Aufmerksamkeit und unterhielt sich angeregt mit dem Kasseler Bio-Vermarkter über das gemeinsame Anliegen der regionalen Vermarktung.

Ein Ritterschlag für den Biomarkt!


Presseberichte zum Besuch von Prinz Charles

HNA | 12.05.1997

Prinz Charles auf dem Öko-Trip in Wilhelmshöhe

Hunderte Schaulustiger drängten sich am 12. Mai in Wilhelmshöhe, um einen Blick auf seine Königliche Hoheit zu erhaschen. „Weil uns heute Prinz Charles besucht, öffnen wir erst um 13.30 Uhr“, verkündete ein Schild an der Tür zum Schmanddibben. Der englische Thronfolger war nach Kassel gekommen, um sich über Bio-Marketing zu informieren. Ein Hubschrauber setzte den königlichen Gast vor Schloß Wilhelmshöhe ab. Bei seinem Einkaufsbummel machte Prinz Charles Station im Schmanddibben in der Kunoldstraße, schüttelte freundlich Hände, streichelte Hunde und nahm Blumensträußchen entgegen. In der gepanzerten Limousine ging es weiter zum wenige Schritte entfernten Alnatura in der Wilhelmshöher Allee – Sicherheitsvorschriften. Auch dort gab sich der Prinz volksnah, suchte den Kontakt mit dem Publikum, hatte für jeden ein freundliches: „Guten Tag, wie geht’s?“. Nicht nur ältere Damen waren entzückt vom charmanten Auftritt des Prinzen. Die Kasseler Sicherheitskräfte atmeten auf, als der Troß der schwarzen Staatskarossen nach etwa einer Stunde Richtung Witzenhausen und zum Gut Kragenhof aufbrach. Absperrgitter und Halteverbotsschilder wurden abgeräumt, die Läden waren wieder geöffnet fürs Volk. (hoh)

© Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA)


Schrot & Korn 7 | 1997

Prinz Charles auf Öko-Trip

Seine Königliche Hoheit verschwand im Sahnetopf
Knoblauch, so meint Seine Königliche Hoheit (SKH), paßt nicht zu ihm! Höflich aber bestimmt lehnte Prinz Charles den Koblauchkäse aus der hofeigenen Käserei eines Bio-Betriebes ab und nahm stattdessen ein Stück Vollkornbrot und ein Scheibchen Schinken. So geschehen beim Besuch des britischen Kronprinzen im Kasseler Öko-Laden „Schmanddibben“ (nordhessische Mundart für Sahnetöpfchen).
Mit der königlichen Visite des Kasseler Ladens und diverser hessischer Biobetriebe hat der blaublütige Brite gleichsam einen Bereich geadelt, der in der breiten Öffentlichkeit immer noch ein Schattendasein führt.

Die Hessen sind da mal wieder ein Stück weit vorn. Während bundesweit nur 1,9 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe derzeit ökologisch bewirtschaftet werden, sind es zwischen Lampertheim und Kassel immerhin vier Prozent. Und das war auch einer der zentralen Gründe für den Besuch des Prince of Wales. SKH selbst stellte sein Landgut Highgrove in Gloucestershire schon vor elf Jahren auf ökologische Bewirtschaftung um – gut beraten von Hartmut (Hardy) Vogtmann. Der war damals noch Inhaber des Lehrstuhls für ökologischen Landbau an der Kasseler Universität und auch im Ausland als Öko-Papst gefragt. Vogtmann, inzwischen Präsident des Hessischen Landesamtes für Regionalentwicklung und Landwirtschaft, wurde damals zum persönlichen Berater des Prinzen.

Pioniere und der Prinz

So war es auch Vogtmann, der den Briten zu einem Besuch einlud und ihm ein paar hessische Pioniere der ökologischen Landwirtschaft präsentierte. Antonio März vom Gut Kragenhof bei Kassel gehört dazu. Der Diplom-Agrarwirt bewirtschaftet mit inzwischen 15 festangestellten Mitarbeitern und 20 Aushilfen einen Vorzeige-Biolandbetrieb, der die hofeigenen Produkte (neben Gemüse unter anderem auch Brot, Wurst und Käse) direkt in eigenen Geschäften, auf Märkten und über die Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft Schmanddibben vermarktet.

Die Ursprünge dieser Kooperative, der heute sechs Landwirte und die Pächter von inzwischen drei Läden angehören, liegen bereits rund 15 Jahre zurück. Die Zeiten, in denen – ganz dogmatisch – nur regionale Produkte in die Regale gelegt wurden, sind vorbei: Das Sortiment wurde im Laufe der Zeit auf rund 1 000 Artikel erweitert, und so stehen heute neben nordhessischen Möhren auch exotische Früchte. Im Winter werden Gemüse und Salat aus südlichen Gefilden angeboten. Denn sonst – das ist die Erfahrung – bleibt die Kundschaft weg.

Für das „gemeine Volk“ übrigens war der Schmanddibben-Laden während des königlichen Besuches ebenso geschlossen wie die von ihm besuchte Kasseler Dependance der Alnatura GmbH, die nicht nur in bundesweit sechs eigenen Läden rund 6 000 Öko-Produkte (Naturkost, -heilmittel und -textilien) verkauft, sondern ihre Produkte auch in einigen Supermärkten plaziert.

Während jene draußen warteten, die einmal einen leibhaftigen Kronprinzen und Ex-Ehemann von Lady Di sehen wollten (deren Begeisterung für das Landleben sich in Grenzen gehalten haben soll), ließ sich Seine Königliche Hoheit überall genauestens über die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte und die verschiedenen Vermarktungswege informieren. Denn vieles ist den Briten noch fremd. Dort werden nur 0,3 Prozent der bäuerlichen Flächen ökologisch bewirtschaftet, und mit Direktvermarktung haben die Landwirte kaum Erfahrung. So werden derzeit auch die auf dem königlichen Gut Highgrove hergestellten Öko-Produkte in englischen Supermärkten gehandelt.

Mag sein, daß der grüne Prinz daheim nachdenken wird, ob sich einige der hessischen Modelle auch in der britischen Landwirtschaft realisieren lassen. Er hat jedenfalls nicht nur viele Informationen, sondern auch etliche Kostproben landwirtschaftlicher Produkte mit auf den Heimweg genommen. Und bei seinem Freund Hardy Vogtmann die Kompost-Toilette ebenso bewundert wie die Trockenmauer und den wohltemperierten Weinkeller – vielleicht auch dies inspirierend fürs prinzliche Heim.

© bio verlag gmbh 2000 Schrot & Korn 7 / 97

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